Kreisetat 2019: Miteinander statt nebeneinander – Transparenz, Kommunikation und Vernetzung stärken

Haushaltsrede Harm Adam, stv. Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Göttinger Kreistag am 18. Dezember 2018

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrter Herr Landrat, liebe Kreistagskolleginnen und –kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Vorab unsere Meinung in aller Kürze, sodass sie sogar auf einem Bierdeckel Platz finden könnte: „Die CDU lehnt den Haushalt ab.“

Das Jahr 2018 steht für die CDU unter den Leitmotiven Transparenz, Kommunikation und Vernetzung. Ich werde darlegen, an welchen Stellen wir diese vermissen und warum wir ihren Haushaltsentwurf ablehnen müssen. Transparenz bedeutet für uns: Vielen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben zu ermöglichen. Kommunikation meint den Austausch im Dialog zwischen Bevölkerung, Politik und Verwaltung. Vernetzung beschreibt das Zusammenwachsen beider Altkreise, unter Mitnahme der städtischen, als auch der ländlichen Bevölkerung. Der Breitbandausbau ist dabei ein ganz wesentlicher Bestandteil, um neue Projekte umzusetzen, regionale Fortbildung anzubieten und gleiche Lebensbedingungen zu ermöglichen. Vernetzung ist mehr, als ein weicher Standortfaktor. Wir wollen endlich Synergieeffekte sehen und eine Effektivität eingesetzter personeller und finanzieller Ressourcen spürbar machen. Ein fusionierter Landkreis muss mit Leben gefüllt werden, er hat keine Geschichte auf die er zurückgreifen kann. Sie, Herr Reuter, sind der erste Landrat, dieses neuen Kreises. Ob die Historiker Ihnen ein positives Zeugnis ausstellen werden, vermag ich nicht zu sagen. Ich kann nur darauf verweisen, dass Sie gestartet sind, mit dem Versprechen, uns Synergieeffekte zu verschaffen: Gewissermaßen aus beiden Altkreisen das Beste zu bergen und Überkommenes untergehen zu lassen. Herr Landrat, wir stehen kurz vor der Halbzeit Ihrer und unserer Amtszeit. Ein lauter Pfiff aus Hannover tönt für uns immer noch nach und hinterlässt einen unangenehmen Ton im Ohr. Der Haushaltsplan 2018 wurde durch das Niedersächsische Innenministerium unter deutlicher Kritik an der Höhe des Personalstands und damit verbundener Kosten bewilligt. Da für die Jahre 2020 und 2021 mit Defiziten geplant wird, müssen wir die positive Entwicklung der Kreisfinanzen aus den Vorjahren bis einschließlich 2016 gefährdet sehen. Um die Ziele des Zukunftsvertrags nachhaltig erfüllen zu können, sind Stelleneinsparungen das Gebot der Stunde. Der Stellenplan verfolgt dieses Ziel nicht und wurde aus diesem Grund von uns im Personalausschuss abgelehnt. Auf ein besonders plastisches Beispiel möchte ich Bezug nehmen: Das Bundesteilhabegesetz ersetzt die Eingliederungshilfe, dadurch werden statt bislang 38 Stellen nur noch 25 benötigt. Statt die überschüssigen 13 Stellen zu streichen, wurden diese an anderer Stelle wieder ausgegeben, das hinterlässt uns sprachlos: Effiziente Strukturen lassen sich so nicht erreichen, das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden. Ein ausdrückliches Lob möchten wir für Ihre Bemühungen bezüglich einer Aufgabenkritik und Prüfung des Personalbedarfs ausstellen. Es verlangt Größe, die Hilfe von externen Kräften anzunehmen, sie scheint nötiger denn je zu sein. Die Aufwendungen für Personal betrugen 2017 83,9 Mio. € und werden laut Ihrer Planung im Jahr 2022 auf 93,7 Mio. € gestiegen sein, dieser Trend muss gestoppt werden. Die CDU wird nicht nachlassen gegen Stellenmehrungen vorzugehen, weil der Aufbau einer effizienten Verwaltung und der sorgsame Umgang mit den anvertrauten Mitteln unsere Überzeugung ist. Laut Stellenplan des Landkreises waren am 30.06.2018 etwa 150 Stellen unbesetzt, einige von ihnen gilt es kritisch zu überprüfen. Als bedenklich, vor dem Hintergrund der Auflagen des Zukunftsvertrags, bezeichne ich neben der Höhe der Personalaufwendungen auch die Entwicklung des Schuldenstands. Mit ihrem derzeitigen Plan liegen die Jahre 2020 bis 2022 deutlich über den Vorgaben. Die vom Innenministerium und uns geforderte Haushaltsdisziplin ist kein Selbstzweck, sondern der Schlüssel zu einer langfristig verbesserten Lebensqualität in unserem Landkreis, das sollte jedem von uns klar sein. Herr Landrat Reuter, ich habe diesen 5 € – Schein mitgebracht, um Sie an ein weiteres Wahlkampfversprechen zu erinnern. Angekündigt haben Sie die Möglichkeit, mit diesem 5 €- Schein im ÖPNV durch den gesamten Landkreis fahren zu können. Die Realität ist nun eine völlig andere: Kurz hinter der Gemeindegrenze müsste ich meinen Weg zu Fuß fortsetzen. Im zweiten Jahr in Folge erleben wir eine Steigerung der Fahrscheinkosten. Die Wege zu Aus- und Weiterbildungsplätzen sowie zu Dienstleistungsangeboten ihres Landkreises verlängern sich für die Bürgerinnen und Bürger durch die Fusion. Angesichts des Dieselskandals und unserer Bemühungen um den Klimaschutz, gilt es mehr denn je, den ÖPNV zukunftssicher und attraktiv aufzustellen. Die CDU setzt sich für eine moderate, aber spürbare Senkung der Kreisumlage auf 49 Hebesatzpunkte für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden mit der Ausnahme der Stadt Göttingen ein. Wir wissen, dass dies, vor dem Hintergrund des Zukunftsvertrags, einer Anpassung Ihres Politikstils und eines geänderten Ausgabeverhaltens bedarf, fordern dies jedoch aus vollster Überzeugung. Herr Landrat, die Zeit ist reif zurückzugeben. Die Städte und Gemeinden ächzen unter der Last einer Abgabe, die deutlich über dem Landesschnitt liegt. Wir bewegen uns mit der Kreisumlage an der im Zukunftsvertrag anerkannten Maximalgrenze: Sie werden auf Dauer kein Auto im roten Bereich fahren können, aus den Gemeinden leuchten Ihnen zudem 14 Warnzeichen entgegen. Denn 14 der 42 kommunalen Haushalte weisen Defizite auf, weil sie über Gebühr belastet sind – während der Landkreis Rücklagen bildet. So verfügt der fusionierte Landkreis nach der Jahresabschlussbilanz 2017 über eine hohe Überschussrücklage von 16,5 Millionen Euro. Die Senkung der Kreisumlage ist eine Handreichung an die Kommunen, um ihrerseits Grundsteuersätze und Krippengebühren zu senken. Das hilft den Menschen vor Ort, konkrete Probleme zu beheben, meine Damen und Herren. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern reichen die bisherigen Angebote des Landkreises in Sachen Radwegebau und Breitbandausbau nicht aus, denn sie tragen keine Sorge für die finanzielle Besserstellung der Kommunen. Ihnen bleibt lediglich übrig, an der Grund- und Gewerbesteuer zu drehen, was sie dann nur noch unattraktiver für die Ansiedlung von Unternehmen macht. Da die Steuerkraft von Bürgern und Unternehmen aktuell zunimmt, steigen die Einnahmen aus der Kreisumlage ohnehin, eine Absenkung ist sinnvoll und würde die Vorgaben des Zukunftsvertrages nicht berühren. Gegenüber den Planansätzen hat sich das erwartete Aufkommen der Kreisumlage noch einmal um 8 Millionen € verbessert. Angesichts der fortlaufend steigenden Aufgaben und Belastungen für die Kommunen, etwa durch erhöhte Investitionen in den Bau von KiTas, oder die Umsetzung von Brandschutzverordnungen, muss die finanzielle Schieflage zwischen dem Kreis und seinen kreisangehörigen Kommunen endlich eingedämmt werden. Während andere Landkreise in den vergangenen Jahren wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung die Kreisumlage in den vergangenen Jahren stetig gesenkt haben, Osnabrück etwa aktuell um ganze drei Hebesatzpunkte, hat sich der Kreisumlagehebesatz im Altkreis Göttingen seit Jahren nicht verändert. Eine moderate Senkung der Kreisumlage wäre ein vernünftiges Zeichen finanzpolitischer Solidarität der kommunalen Ebenen. Wir bedauern, dass der Landrat und die Kreistagsfraktionen von SPD, Grünen und Freien Wählern uneinsichtig sind und durch nachträgliche Ausgabensteigerungen alles tun, um die offensichtlichen Spielräume für die von uns seit Jahren geforderte Senkung der Kreisumlage zu kaschieren. Wir befinden uns im Rennen mit unseren benachbarten Landkreisen um die besten Köpfe, unser Auftrag ist die Schaffung eines Umfelds, in dem wir gern leben, arbeiten und auch kulturell erfüllt werden. Der Breitbandausbau ist ein zentraler Punkt für die Angleichung der Lebensverhältnisse und insbesondere im ländlichen Raum schlichtweg nicht zufriedenstellend. Die Bevölkerung stellt fest: „Ich bin noch nicht drin!“ Und fragt: „Warum ist das so schwierig?“ Wir werden nicht Ruhe geben, bis sämtliche „weiße Flecken“ in den Gemeinden getilgt sind. Herr Landrat wir appellieren an Sie: Nutzen Sie ihren Einfluss und erhöhen endlich den Druck auf die WRG. Unser Landkreis gerät ins Hintertreffen und wird digital abgehängt, mit allen Problemen, die dies für Privathaushalte, aber auch junge Unternehmen nach sich zieht. 2019 muss das „Jahr des großen Wurfs im Breitbandausbau“ werden, wir stehen bereit, das mit voranzubringen. Die CDU steht für mehr Miteinander statt gegeneinander, wir betreiben konstruktive Politik. Dies haben wir anhand der Mitarbeit für den Schulentwicklungsplan gezeigt. Der nun vorliegende Plan ist das Produkt einer fraktionsübergreifenden Beratung, die eine IGS im Eichsfeld verhinderte, die bestehende Schullandschaft nicht antastet und Schulschließungen nur nach zuvor gehender Beratung im Kreistag unter der öffentlichen Einbindung politischer Vertreter vorsieht und somit deutlich dem Wunsch der Elternschaft entspricht. Der Umgang im Fall der geplanten Schulschließung der OBS Hattorf hingegen ist ein Negativbeispiel des Politikstils und einer mangelhaften kommunikativen Leistung der Mehrheitsfraktion, auf die wir nicht müde werden hinzuweisen: Insbesondere vor dem Hintergrund der bevorstehenden Verhandlungen über die Schulstandorte Bad Sachsa und Badenhausen. Ihr großer Wunsch, die OBS Hattorf nach Herzberg zu verlegen, den Schülerinnen und Schülern längere Wege unter der Last der derzeitig problematischen Schülerbeförderung zuzumuten und mutwillig ländlich gewachsene Strukturen zu zerstören, konnte glücklicherweise abgewendet werden. Es war schön zu sehen, wie sich eine breit getragene Bewegung aus Eltern, Schülern und Anwohnern für den Erhalt ihrer Schule eingesetzt hat – Diese Entwicklung ist keinesfalls abgeschlossen. Die Schulleiterstelle wurde, wie von uns gefordert, neu ausgeschrieben und besetzt. Zum Beginn des Schuljahres 2018/19 waren die Schülerzahlen stabil, der angebliche Negativtrend konnte gestoppt werden, trotz der von Ihnen aufgebauten Drohkulisse. Eine märchenhafte Entwicklung wurde durch zivilgesellschaftliches Engagement erreicht. Dies ist ein Aushängeschild für den Landkreis: Unsere Bevölkerung lebt, ist laut und nicht gewillt, Ungerechtigkeiten hinzunehmen. Die OBS braucht neue Räume, das ist Ihnen und uns klar. Die Kosten hierfür belaufen sich auf über eine Million €. Ich frage Sie: Warum wurden lediglich 750.000€ im Haushalt veranschlagt? Wir vermuten, dass Sie weiterhin daran arbeiten, die Schülerinnen und Schüler in Herzberg unterzubringen: Diese Lösung wird nicht gewünscht und wird mit der CDU nicht zu machen sein. Die Bevölkerung hört und sieht genau hin, wer offen spricht und handelt: Politik benötigt Transparenz und eine offene Ansprache, das ist die Lehre der Schulentwicklungspolitik, das sollten wir im Jahr 2019 beherzigen, meine Damen und Herren. Ich möchte auch an dieser Stelle für unseren Antrag bezüglich der Umsetzung eines Kulturentwicklungsplans werben. Zwischen den Großräumen Kassel und Hannover, muss sich der Landkreis auch im Wettbewerb um ein kulturell interessiertes Publikum eigenständig, divers und ambitioniert präsentieren. Zur Hervorhebung der Besonderheiten der kulturellen Angebote im Landkreis, erscheint die Schärfung eines kulturellen Profils unerlässlich, um das vorhandene Potential bekannter und bedeutender zu machen. Wir haben uns im vergangenen Jahr – und frühzeitig auch in Diesem – für das Fachwerk5Eck eingesetzt, gut, dass Sie uns an dieser Stelle folgen. Neben den sehenswerten Altstädten in Osterode am Harz, Duderstadt und Hann. Münden, auf deren Stärkung der Antrag zielt, beheimatet der Landkreis eine Reihe an Kultureinrichtungen mit unterschiedlichen pädagogischen und unterhaltenden Schwerpunkten. Um den Besuchern kultureller Abendveranstaltungen eine komfortable, günstige, sichere und umweltschonende Möglichkeit der Heimfahrt anzubieten, hat die CDU mit einem Wochenend-Nachtbus zwischen dem Oberzentrum Göttingen und unseren Mittelzentren Sorge getragen. Ebendieser Kreistags-Beschluss vom 20.06.2018 befördert konkret das Zusammenwachsen des neuen Landkreises – Der Kulturentwicklungsplan zielt ebenfalls in diese Richtung. Der Landkreis hat nicht nur aus eigenem wirtschaftlichen Interesse heraus die Pflicht zur Förderung von Kultur und Tourismus. Gerade ein eher ländlich geprägter Landkreis, wie Göttingen, muss sich hier einheitlich präsentieren – Dies unterstreicht die Notwendigkeit unseres Antrages. Meine Damen und Herren, wir leisten konstruktive Arbeit und werden weiter mithelfen, den Landkreis auf gesunde Beine zu stellen. Denn CDU-Politik heißt: Prävention vor Nachsorge, Familien stärken, Kultur- und Wirtschaftsförderung sowie die Angleichung der Lebensverhältnisse im ländlichen- und städtischen Raum. Dafür stehen wir und unsere Arme sind weit geöffnet für jede gute Lösung, welche die Vernetzung, den Austausch und das Zusammenwachsen des Landkreises befördert. Das haben wir durch die gelungene Mitarbeit an überfraktionellen Anträgen, der Zustimmung zu einigen Teilhaushalten sowie der Unterstützung einer Reihe von Verwaltungsanträgen in unserer Arbeit 2018 glaubhaft gemacht und dies wird uns auch weiterhin als Leitbild unseres künftigen Handelns begleiten. Ich möchte die Zeit nutzen, um abschließend im Namen der CDU-Kreistagsfraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Verwaltung, allen Kolleginnen und Kollegen sowie den Mitarbeitern der kreiseigenen Unternehmen, wie der GAB, dem Kreiswohnbau und der VHS für ihre im vergangenen Jahr geleistete Arbeit zu danken. Auch im kommenden Jahr möchten wir gemeinsam mit Ihnen die Zukunft unseres Landkreises Göttingen erfolgreich gestalten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Gez. Harm Adam Göttingen, den 18.12.2018